Oktober 2014: Das Ende der Gewissheit, dass schon irgendwie alles gut werden wird.

 

Fortsetzung vom 23. September 2014

 

… doch das tut es nicht. Es gibt nämlich gar keine Reaktion. Nicht mal Absagen. Nichts!

 

Während ich auf die erhofften Rückmeldungen warte, ordne ich meinen Papierkram. Das wollte ich schon immer mal machen. Entsprechend viel hat sich angesammelt und entsprechend lange bin ich damit beschäftigt. „Wenigstens tue ich etwas Sinnvolles“, sage ich mir. Etwas Besseres fällt mir auch gerade nicht ein.

 

Nach ein paar Wochen werde ich dann doch ungeduldig. Ich überlege, ob ich nicht noch einmal zu der Kartenlegerin gehen soll, damit sie ihre Vorhersagen konkretisiert. Vielleicht habe ich beim letzten Mal etwas falsch verstanden? Ein paar weitere Informationen könnten nicht schaden, um meiner Suche nach einer beruflichen Lösung auf die Sprünge zu helfen, denke ich.

 

Dann allerdings kommt es anders. Meine Freundin Biggi erzählt mir, dass die alte Dame gestorben ist.

 

Der Tod dieser erstaunlichen Person trifft mich. Ich bin traurig, dass ein Mensch, den ich so gerne noch viel länger gekannt hätte, plötzlich weg ist. Ein bisschen tröstet es mich, dass ihr Ende schnell gekommen sein soll. Etwas anderes hätte zu dieser Frau, die mich bei unserer letzten Sitzung noch mit einem freudestrahlenden „ich habe gerade den Garten umgegraben“ begrüßte, auch nicht gepasst, und gewünscht hätte ich es dieser großartigen Dame schon überhaupt nicht. Ich zünde eine Kerze für sie an und versuche so, Abschied zu nehmen. Ich habe sie nur zweimal gesehen und es tut mir sehr leid, dass ich sie nicht früher kennen gelernt habe.

 

Als der erste Schock verflogen ist und ich wieder einmal über ihre letzte Weissagung nachdenke, finde ich, dass ihr unvermutetes Heimgehen vielleicht auch die zeitlichen Schwankungen in der Prognose über den weiteren Verlauf meines beruflichen Schicksals erklärt. Was sind schon ein paar Tage, Wochen, Monate oder gar Jahre im Angesicht der Ewigkeit?

 

Wie dem auch sei und wie sich das alles auch erklären oder vielleicht auch nicht erklären mag: Fakt ist, dass mir jetzt niemand mehr ein bisschen Gewissheit für meine doch sehr ungewisse Zukunft verschaffen kann. Die Frau, die mich so dringend ermahnte, an mich zu glauben und meinen Weg zu gehen, ist nicht mehr da. Nun fühle ich mich ziemlich allein mit meinen Träumen und Hoffnungen für eine neue Zukunft und auch mit meinen Ängsten vor dem Nichts, das sich vor mir ausbreitet. Jetzt muss ich ohne ihren Beistand weitergehen. Aber ich hoffe, dass die Frau, die ich so gerne als Oma gehabt hätte, ein bisschen auf mich aufpasst – wo auch immer sie gerade sein mag.

 

 

Menschen wie diese Frau sterben nicht - sie gehen heim.